Donnerstag, 31. Juli 2014

Brüssel - Pommes, Waffeln & Schokolade!



Verfressen – das wäre wohl durchaus eines der Adjektive, mit denen man mich problemlos beschreiben könnte. Je süßer, fettiger und kalorienhaltiger, desto besser – normalerweise. Seit ich in London lebe, kaufe ich eigentlich viel bewusster ein, zähle ungefähr meine tägliche Kalorienzufuhr und habe sämtliche Süßigkeiten und Knabbereien aus meinem Einkaufskorb verbannt – egal wie sehnsüchtig mir die Sour Cream Chips teilweise nachgeweint haben. Es zeigt jedoch Wirkung, die paar Kilo, die ich während meines Auslandssemesters zugenommen habe, habe ich bereits ins Nirvana verbannt und habe kürzlich in der Umkleidekabine von H&M einen kleinen Freudentanz aufgeführt, dass mir bei Jeans nun endlich wieder Größe 32 passt.
Nun ja, selbst die bravsten Mädchen dürften sich mal einen Augenblick der Ekstase erlauben, bzw ein ganzes Wochenende ohne Berücksichtigung dieser fiesen kleinen Männchen, die über Nacht die Kleidung enger nähen (ich glaube, man nennt sie Kalorien). Brüssel ist wirklich die ideale Stadt, um fett zu werden – ja wirklich, das stimmt! Immerhin wurden Pommes und Waffeln hier erfunden, außerdem zählt Belgien neben der Schweiz ZU den Hochburgen feinster Schokoladenproduktion. 

 
Brüssel hatte ich vor drei Jahren bereits schon einmal besichtigt, im Zuge einer schulischen Exkursion zu den Institutionen der Europäischen Union. Wie man wohl schon erahnen kann, hat es mir damals relativ gut gefallen – sonst würde ich wohl kaum zurückkehren, oder? Nun ja, in gewisser Weise scheine ich ja über ein natürliches Schnäppchenjäger-Gen zu verfügen. Hin- und Retourtransport mit Megabus waren bereits um 30 Pfund zu haben – lässt an Komfort zwar hin und wieder zu wünschen übrig, aber was will man um umgerechnet 37 Euro schon großartig erwarten? Nach meinen drei Eckkriterien Preis, Lage und Hotelbewertungen habe ich nach gründlicher Internetrecherche auch das perfekte Hotel für uns gefunden – wie auch in Paris war ich meiner Wahl sehr zufrieden, das Preis-Leistungsverhältnis war auch hier ausgezeichnet.


Etwas merkwürdig war es jedoch schon, um 6 Uhr morgens ganz alleine in einer fremden Stadt anzukommen und sich erst einmal zu Recht zu finden. Bei diesem Gedanken rennt wohl so mancher Mutter ein kalter Schauer auf – ihr könnt beruhigt sein. Im Sommer ist es um diese Zeit sowieso schon hell, außerdem zählt Brüssel bestimmt nicht zu den Städten, die niemals schlafen. In der Londoner Innenstadt kommen einem um diese Zeit schon gelegentlich noch ein paar Alkoholleichen entgegen – in hin Brüssel entgegen macht die Müllabfuhr gerade ihre morgendlichen Rundfahrten und auch die Straßen werden gereinigt. Da fühlte ich mich doch direkt geehrt. 



Leider ist Brüssel nicht New York, wo alle Straßen Nummern haben und sowieso nur parallel und quer verlaufen – hier kann man sich eigentlich glücklich schätzen, wenn Straßen überhaupt mal beschriftet sind. Aber eine Jana E. lasst sich davon doch nicht einschüchtern – bis jetzt habe ich noch überall hingefunden, auch ohne Stadtplan.
Städte bei völliger Ruhe zu erkunden hat eigentlich schon was – insbesondere in Washington habe ich damals diese herrliche Ruhe genossen, wenn außer mir lediglich ein paar putzmuntere Asiaten herumflitzen. Trotz eher mieser Wettervorhersage begrüßte mich Brüssel mit strahlend blauem Himmel. Eine Weile beobachtete ich die Händler am Grand Place dabei, wie sie gerade ihre Stände aufbauten. 




Der Grand Place ist zweifellos DAS Zentrum von Brüssel – so wie alle Wege nach Rom führen, führen alle Wege in Brüssel zum Grand Place, der das Rathaus sowie ein Museum und wirklich bezaubernde Grachtenfassaden beherbergt. Alle zwei Jahre im August wird hier ein gigantischer Blütenteppich ausgelegt, der tausenden von Touristen anlockt – hätte ich zwar auch gern gesehen, aber dafür hab ich mir eh eine Postkarte mit diesem Motiv gekauft. Nachdem es Betty nun auch endlich ins Hotel geschafft hatte, wurde umgehend eines der Wahrzeichen Brüssels angesteuert, das Atomium. 

 
Soll übrigens den Aufbau eines Atoms nachstellen, falls es jemanden interessiert. Zweifellos ist das Atomium eher ein Relikt moderner Architektur – und steht bereits eine ganze Weile als Miniatur in meinem Zimmer. Ganz in unmittelbarer Nähe befindet sich eine für mich jedoch weitaus interessantere Attraktion, genannt Mini Europe. Sehenswürdigkeiten aus 27 der 28 EU Länder (vielleicht arbeiten sie gerade an einem kroatischen Bauwerk) wurden hier á la Minimundus nachgebaut und konnte bestaunt werden – das ließ ich mir natürlich nicht entgehen. Die meiste meiner europäischen Lieblingssehenswürdigkeiten fand ich hier vor: Houses of Parliament, Eiffelturm, Akropolis, Triumphbogen… 

 
Einige bedeutende Monumente bzw. ganze Städte habe ich jedoch vermisst. Zwar fand man Pisa und Venedig im Italien Bereich vor, doch von einem Kolosseum weit und breit keine Spur. Viel mehr überrascht hat mich jedoch jenes Monument, dass Österreich in dieser Ausstellung verkörpern sollte: Stift Melk. Da beherbergt unser Land einer der prächtigsten und ältesten Hauptstädte Europas, die massenhaft Sehenswürdigkeiten bieten würde, und dann entscheidet man sich für Stift Melk. Was hat man sich denn dabei nur gedacht? Gerade dass man nicht das Steinertor in Krems hinstellt (das ist ja ach so sehenswert!).
Tja, ansonsten haben sie sich schon ziemlich Mühe gegeben und ein paar neue Erkenntnisse habe ich über meine zukünftige Reisen gewonnen: die baltischen Staaten braucht man sich wirklich nicht anschauen, aber für Budapest wäre es mal höchste Zeit, wäre ja immerhin auch nicht weit weg.


Glücklicherweise liegen die meisten anderen Sehenswürdigkeiten in Brüssel relativ nah beieinander, etwa der Grand Place, die wirklich äußerst hässliche Statue Manneken Pis (wer stellt sich sowas auf?), die Galerie, Palais Royal usw. Abends bot sich natürlich ein Besuch der Rue de Bouchers, auch bekannt als „Fressmeile“ von Brüssel, an. Ich habe selten so aufdringliche Parasiten (ja, solche Leute bezeichne ich gerne so) erlebt – dadurch, dass fast jedes Restaurant ähnliche Speisen anbietet, herrscht natürlich extremer Preis- und daher auch Konkurrenzdruck, alle vorbeigehenden Passanten werden angesprochen und man weist natürlich umgehend auf das ach so tolle Menü hin. Ja, insgesamt war es schon sehr gut, aber ich lass mich eben nicht gern bedrängen.


Belgien ist wirklich ein kleines Land, das muss man ehrlich sagen. Und das sage ich jetzt nicht, weil ich schon im zweitgrößten Land der Welt gelebt habe, wo man zwischen zwei Städten oft stundenlang nichts außer wilder Natur vorfindet. Nein, in Belgien liegt eigentlich alles relativ weit beieinander, deswegen haben wir uns am nächsten Tag auch wieder mal Gent erkundet.



Gent ist so ziemlich der Inbegriff eines kleines, flämischen Städtchens und macht in Sachen Häuserarchitektur auch schon mal Amsterdam gut und gerne Konkurrenz. Momentan war gerade ein kleines Fest im Gange, mit verschiedensten Ständen und Fahrgeschäften, die an der Uferpromenade aufgebaut waren. Eine Bootsfahrt hatte ich sowieso schon bei meinem letzten Besuch hier unternommen, daher war das dieses Mal nicht mehr notwendig. 


Auch an diesem Tag, besonders am Nachmittag, hatte sich die Wetterprognose des strömenden Regens wieder mal in keinem einzigen Punkt erfüllt. Da bot es sich umso mehr an, im Park einfach mal eine Runde vor sich hinzudösen. Anschließend wurde es endlich einmal höchste Zeit für belgische Pommes – und ich muss ehrlich sagen, ich habe selten bessere Fritten gegessen. Richtig gut frittiert, keine schwarzen Enden (wie es im Backrohr sonst gerne passiert), ein bisschen „letschat“ aber nicht zu sehr – perfekt einfach. Die Krönung des Ganzen ist jedoch die Art, wie man die Soße dazu serviert – in einem separaten Papptütchen, das oben festgezwickt wird. Wirklich eine tolle Idee, so hat man nicht dauernd das Problem, dass die ganze Soße nur oben ist und die unteren Pommes dementsprechend eine eher trockene Angelegenheit werden. Gar nicht so blöd, diese Belgier!


Am Abend ist der Grand Place auch sehr nett anzusehen:

 

In den Sommermonaten ist König Albert II, ähnlich wie unsere geschätzte Majestät die Queen, gerne mal außer Haus und bietet daher dem Volk die Möglichkeit, gewisse Räumlichkeiten seines Palastes zu besichtigen. Während sich Elizabeth II das stolze 20 Pfund kosten lässt und man dabei nicht mal fotografieren darf (habe meine Karten für den Buckingham Palace vor kurzem vorbestellt), ist der Eintritt in den belgischen Palais Royal völlig kostenfrei. Hat man allerdings bereits Schlösser wie Windsor, Schönbrunn und Versailles gesehen, wirkt die belgische Königsresidenz doch eher unspektakulär. Aber wenn man schon einmal hier ist und der Eintritt gratis angeboten wird, lässt man sich das natürlich nicht entgehen!



Das fast wichtigste Highlight habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben: meine geliebten Waffeln. Nicht umsonst habe ich zum 18. Geburtstag ein Waffeleisen geschenkt bekommen. Besonders im Winter bin ich ja ganz wild darauf, aber in Brüssel ist die Versuchung größer als je zuvor. Früchte aller Art, Schokosauce, Schlagobers, Karamell, Zimt, Nüsse – es gibt hier wirklich nichts, was es nicht gibt. 



Ich persönlich habe mich im Endeffekt dann für Waffeln mit Erdbeeren, Schokolade und Schlagobers entschieden – letzteres hatte ich nach dem Verzehr übrigens großzügig in meinem ganzen Gesicht verteilt. Ein kulinarisch und auch kulturell äußerst nettes Wochenende, an dem ich außerdem etwas Wichtiges beschlossen habe: sollte ich jemals heiraten, gibt es auf der Hochzeit einen Schokobrunnen!

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